Artikel aus dem Volksfreund, 23. August 2018
Der Widerstand formiert sich
Es ist eigentlich ein perfekter Abend, um in den Biergarten zu gehen, aber viele Einwohner von Maring-Noviand haben am Mittwochabend einen anderen Termin im Kalender stehen. Sie strömen in das Sportzentrum, in das Ortsgemeinde und Verbandsgemeindeverwaltung zur Bürgerinformation eingeladen haben. Es ist schwül-heiß in der Halle und es kommen immer mehr Leute. Bei Beginn der Veranstaltung werden es rund 180 Bürger sein.
Das Thema ist bereits jetzt schon brisant, obwohl es noch weitere Verfahrensschritte braucht, bis es zur Abstimmung im Gemeinderat kommen wird: Es geht um die Ausweisung der Fläche für einen Gewerbe- und Industriepark zwischen dem Brauneberg und der Landesstraße 47 im Flächennutzungsplan (FNP) der Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues.
Das ist der erste Schritt, um eine Grundlage für eine mögliche Bebauung zu schaffen. Über den FNP stimmen dann alle 22 Ortsgemeinden und die Stadt Bernkastel-Kues ab.
Er ist gültig, wenn die Mehrheit aller Ortsgemeinden in der VG und der Stadtrat von Bernkastel-Kues positiv darüber abgestimmt haben. Sollte das geschehen, dann müsste bei einer tatsächlichen Realisierung des Parks im Rahmen der Bauleitplanung nochmals der Gemeinderat von Maring-Noviand darüber abstimmen.
Leo Wächter, Erster Beigeordneter der VG, weist auf die Bedeutung dieses Areals für die gesamte Verbandsgemeinde hin. Im gesamten Gebiet habe man nach potenziellen Flächen für ein Gewerbegebiet gesucht, von elf möglichen Gebieten seien nach weiteren Prüfungen – auch in Hinblick auf Umweltverträglichkeit – nur noch zwei übriggeblieben. Eines am Rand zur Verbandsgemeinde Traben-Trarbach bei Irmenach und eines bei Maring-Novind, das man als erstes Gebiet entwickeln wolle. Wächter: „Das ist eine historische Chance!“
Das Thema wurde bislang im Verbandsgemeinderat und im Ortsgemeinderat von Maring-Noviand (der TV berichtete) vorgestellt. Bereits nach der Vorstellung im VG-Rat hatte Johannes Schneider (ÖDP, Mitglied im VG-Rat und Bürger von Maring-Noviand), einen Fragebogen über Pro und Kontra des Gewerbeparks im Ort verteilt und eine Online-Abstimmung eingerichtet.(siehe Extra).
Joachim Sautter und Sandra Folz von der Trierer Planungsfirma BGH stellen das Konzept vor, das Entwässerungssysteme, Höhenbeschränkung, Grünflächen und Sichtschutz beinhaltet. Dabei verweisen sie auch auf den Industriepark Region Trier, der ähnlich ausgebaut wurde. Die Fläche würde brutto bis zu 75 Hektar umfassen, von denen 58 Hektar gewerblich genutzt werden könnten. Aus der Anwohnerschaft kommen im Laufe des Abends 20 Fragen, die das Planungsbüro und die Verwaltung beantworten.
Gebäudehöhe: Wie Sandra Folz erläutert, wurde eine Geschosshöhe von bis zu 15 Metern angenommen, was im zweiten Schritt in der Bauleitplanung vorgeschrieben werden müsse. In der Visualisierung zeigt sich, dass der Gewerbepark daher vom Ort aus zu sehen wäre.
Eigentumsverhältnisse: Ob mit den Grundstückseigentümern gesprochen worden sei, war die nächste Frage. Dazu sagt Leo Wächter: „Die Flächenverfügbarkeit ist ein wichtiger Punkt. Wir haben mit dem größten Flächeneigner (20 Hektar) bereits gesprochen. Falls jemand nicht verkaufen will, dann ist es so.“ 20 Hektar seien demnach schon gesichert, auf denen auch ein kleineres Gewerbegebiet entstehen könnte, sollten andere Besitzer nicht verkaufen wollen.
Vetorecht: Leo Wächter erinnert daran, dass der Träger des Bauleitverfahrens letztlich die Ortsgemeinde sei. Sie habe das in der Hand.
Umweltaspekte I: Eine Anwohnerin weist darauf hin, dass bisher noch keine Rede von den Menschen war. Das würde ein Industriegebiet werden, in dem mehr Emissionen zulässig seien. „All das Wasser fließt den Hang runter. Eine Gesundheitsgefährdung ist nicht auszuschließen“, sagt die Anwohnerin. 75 Hektar Fläche würden versiegelt, das sei im Zeiten des Klimawandels fragwürdig. Dafür erntet sie den ersten Applaus an diesem Abend. Joachim Sautter verweist darauf, dass nicht 75 Hektar, sondern maximal 58 Hektar minus 20 Prozent Ausgleichsfläche versiegelt würden, zudem gebe es Umweltauflagen.
Umweltaspekte II: Johannes Schneider fragt: „Will man aus einer Weinbau- und Touristengemeinde wirklich eine Industriestadt machen?“ Da greift Ortsbürgermeister Hans-Josef Edringer in die inzwischen angeheizte Diskussion ein und mahnt an, dass das Verfahren erst in der Planung sei. Schneider setzt später nach und weist darauf hin, dass ein „Industriegebiet“ auch nachts ausgeleuchtet werde. Es könnte Licht-Smog und Umweltverschmutzung entstehen. Dafür erntet er weiteren Applaus.
Lärm- und Tourismus: Das Gebiet sei vom Wanderweg am Honigberg aus zu sehen, der Verkehr würde zunehmen, die Lärmbelastung steigen und Touristen davon abschrecken, den Ort zu besuchen, waren weitere Fragen der Anwohner. Leo Wächter verweist darauf, dass die Verbandsgemeinde nicht allein auf den Weinbau und Tourismus setzen könne. Es müssten auch gut erreichbare Arbeitsplätze geschaffen werden.
Weinbau: Ein Anwohner von Brauneberg forderte eine Überprüfung des Wasserflusses, da Brauneberger Winzer auf der Moselseite des angrenzenden Braunebergs Wein anbauen und sich das möglicherweise auf die Wasserversorgung der Reben auswirken könne.
Deshalb soll in einem weiteren Schritt ein hydrologisches Gutachten erstellt werden.
Online-Abstimmung zum Gewerbepark
Auf der Internetseite http://www.art-of-wine.de können Interessierte an der Umfrage zum Gewerbegebiet teilnehmen. Vier Fragen können beantwortet werden: die Ablehnung, die Befürwortung, die Forderung nach einem kleinen Gewerbegebeit, die Forderung nach einem gemeinsamen Gewerbegebiet mit Osann-Monzel. Der Trend am Donnerstagmittag ging dahin, dass ein Gewerbegebiet, auch wenn es kleiner ist oder gemeinsam mit Osann-Monzel entwickelt würde, abgelehnt wird.